Der Hund als Antrieb für Maschinen
Heutzutage drücken wir selbstverständlich auf einen Knopf und schalten damit eine Maschine an, die uns alltägliche Aufgaben erleichtert oder gleich ganz abnimmt. Vor Erfindung der Dampfmaschine und vor der Zeit der Elektrifizierung waren viele Tätigkeiten nur durch Muskelkraft zu zu verrichten.
Als eine der ersten Kraftmaschinen wurde bereits um 2200 v. Chr. in Mesopotamien eine Trettrommel zur Felderbewässerung eingesetzt. Angetrieben wurde sie durch einen Menschen. Für 200 v. Chr. wird dieser Antrieb für Kräne beschrieben und im 14. Jahrhundert waren derart angetriebene Kräne in ganz Europa, vor allem auch in den Häfen, verbreitet.
Im 16. Jahrhundert war ein Hund zum Drehen des Bratspießes in großen britischen und französischen Küchen keine Seltenheit. Es kamen kurzbeinige Hunde zum Einsatz, die gemäß ihrer Funktion englisch als „turnspit“ und französisch als „tourne-broche“, also Spießdreher, bezeichnet wurden. Sie liefen in einem kleinen Tretrad, welches über Riemen oder Zahnräder den Bratspieß über dem Feuer in Bewegung hielt. Auch für die Schweiz ist im Jahr 1798 ein solcher Hund belegt, der im St. Bernhard-Hospiz in einer Trommel rennend den Fleischspieß in Bewegung hielt.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts bekamen Hunde in den Niederlanden und in einigen Gebieten Deutschlands eine neue Aufgabe: sie wurden zum Butterstampfen eingesetzt. Für diese Tätigkeit kamen große kräftige Hunde zum Einsatz. Die Butterfässer wurden Karnen genannt, woraus sich die Bezeichnung „Karnhund“ ableitete. Der Karnhund lief in einem „Karnrad“ (man stelle sich ein überdimensioniertes Hamsterrad vor), welches wiederum das Stoßbutterfaß in Bewegung setzte. Dieses System war in den Niederlanden zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Selbstverständlichkeit. In Deutschland setzte sich die Technik nur dort durch, wo durch den Einsatz eines Hundes tatsächlich Rationalisierung zu erwarten war. Kleine Buttermengen für den Hausgebrauch ließen sich recht schnell von Menschenhand stampfen. Somit kamen die Karnhunde vor allem im Nordwesten Deutschlands zum Einsatz, wo bereits Anfang des 19. Jahrhunderts leistungsstarke Milchkühe in größeren Herden gehalten wurden.
Neben dem Karnrad kam in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine weitere Antriebsart auf: der Hundegöpel. Dieser Rollbandgöpel ist am ehesten vergleichbar mit dem, was wir heutzutage im Fitneßstudio als Laufband kennen. Eine erste Nutzung dieses Antriebs ist aus Frankreich für das Jahr 1822 nachgewiesen, dort wurden die Schaufelräder eines Bootes mit Pferdekraft angetrieben. Dieses System, zu einer mobilen Kraftmaschine auf Rädern weiterentwickelt, sollte flexibel einsetzbar sein. In Nordamerika, wo menschliche Arbeitskraft teurer war als in Europa, wurde das System als sogenannte „Railway-power“ in den 1840er Jahren als mobile Kraftquelle überwiegend mit Pferden genutzt. Eine vergleichbare Maschine, ein Rollbandgöpel für Hunde, angeschlossen an ein Butterfaß, wurde spätestens seit den 1870er Jahren aus den USA nach Deutschland importiert. Parallel dazu gab es auch vergleichbare Maschinen deutscher Produktion.
Wie lange Hunde im Karnrad oder auf dem Rollbandgöpel tatsächlich zum Buttern eingesetzt wurden läßt sich nicht abschließend klären. Die rasante technische Entwicklung und die aufkommende Tierschutzfrage machten die Karnhunde in Deutschland jedoch recht schnell (wohl um 1910-1914) wieder arbeitslos. In Belgien wurde laut den Angaben des Museums in Keerbergen noch bis etwa 1950 mit Hunden im Karnrad gebuttert.